Berichte von Pflegefamilien

Pflegestelle zu werden, war eine der besten Entscheidungen in meinem Leben (Sabrina, Mai 2019)

Pflegestelle werden? Da gehen einem tausend Gedanken mit Pro und Kontra durch den Kopf – über die Tierschutzhunde und über einen selbst. Ja, so ging es mir auch! Doch als ich hier im Forum bei Ausrangiert und Abgeschoben e.V. die Tagebücher und die Erfolgsgeschichten gelesen habe, war für mich klar: ich will Hunden helfen genau dies zu erleben und mein Mann hat mich unterstützt.

Unser erster Pflegehund war Mica, eine zwei Jahre alte Abgabehündin. Bei ihr war uns schon von Anfang an klar, dass sie nicht lange im Pflegekörbchen bleibt. Sie kannte schon vieles, war stubenrein und ein liebes intelligentes Mädchen. Nach nur zwei Wochen ist sie schon in Ihr Endzuhause gezogen. Der lustigste Moment mit ihr war, als wir Gassi gehen wollten und es regnete. Mica machte nur Sitz vor der Haustür und der Blick sagte: Nicht mit mir!

Dann kam Tessy, eine fast 4 Jahre alte Labbi-Dame. Tessy kam von einem Vermehrer und lebte nur um Welpen zu produzieren. Tessy kannte nichts. Tessy war bei ihrem Einzug viel zu dünn und hatte Giardien. Die Therapie lief zwar schon, aber ob sie schon Giardienfrei ist oder nicht, war bei ihrem Einzug nicht ganz klar (manchmal muss es eben sehr schnell gehen. In Tessys Fall, weil der Amtsveterinär die Zucht aufgelöst hatte. Wegen Mangelversorgung und nicht beheizten Ställen musste sie und noch weitere Hunde ganz schnell untergebracht werden). Klar, waren die Gedanken und Sorgen bei uns groß ob wir es auch bei einem „schwierigeren Fall“ wie Mica als Pflegstelle hinbekommen. Schaffen wir das?
Tessy war ein armes Häufchen Hund als sie ankam. Trotz allem hatte sie viel Energie, der Schwanz wedelte immer und sie hat gleich die Hand angenommen, die wir ihr gereicht haben. Fast 7 Wochen war sie bei uns. Wir haben sie aufgepäppelt und die Zeit mit ihr will ich nicht missen in meinem Leben. Erlebnisse: Sie war so froh und hat immer gewedelt dass die ganze Tessy wackelt, ihren Stofftieren hat sie ihre Erlebnisse vom Tag erzählt, zusammen sind wir die Wege lang gesprintet. Aber auch, dass sie so schnell stubenrein war und lernte an der Leine zu gehen, waren tolle Erfahrungen.
Ich habe mich trotz allem aber riesig gefreut, als sie ihr neues Frauchen und ihr persönliches Für-Immer-Zuhause gefunden hat.

Ich kann nur sagen: Pflegestelle zu werden, war eine der besten Entscheidungen in meinem Leben. Wenn Sie/Ihr Tessy’s ganze Geschichte lesen möchtet oder die von anderen Hunden, dann melden Sie/meldet Euch im AuA-Forum an. Ihr werdet dort auch gleich merken, was für eine super Gemeinschaft AuA ist und dass den Pflegestellen immer viele Menschen mit Rat und Tat zur Seite stehen.

 

How to be – Pflegestelle? (Sarah, März 2019)

Während ich diesen Text hier schreibe, liegt mein aktueller AuA-Pflegehund Smilla, eine 2 jährige schwarze Labbihündin, neben mir und schläft. Sie ist seit knapp 3 Wochen bei mir und hat sich super eingelebt. Nicht mehr lange und sie ist bereit zur Vermittlung.

Doch wieso bin ich Pflegestelle und was heißt es eigentlich für AuA (oder generell für den Tierschutz) Pflegestelle zu sein? Als Pflegefamilie unterstützt Ihr AuA intensiv bei ihrer Tierschutzarbeit. Man gibt einem Hund, dessen Herkunft ganz unterschiedlich sein kann, ein Zuhause auf Zeit. Man liebt, pflegt, füttert und kuschelt seinen Pflegehund bis er seine eigene „Für-immer-Familie“ gefunden hat.

AuA informiert sich bei Euch vorab, welcher Hund zu Euch passt bzw. habt Ihr immer die Möglichkeit zu sagen ob lieber Rüde oder Hündin, kastriert oder unkastriert. Es wird natürlich darauf geachtet, dass der Pflegehund auch in Euer Rudel/Eure Familie passt um eine harmonische Pflegezeit für alle zu gewährleisten.

Wenn dann der große Tag da ist und Euer Pflegehund (mit Geschirr, Halsband & Leine) einzieht, bekommt Ihr einen „persönlichen“ Ansprechpartner der Euch für Fragen, mit Rat & Tat und allem was es evtl. zu klären gibt zuverlässig zur Seite steht. Es entstehen auch keine großen Kosten durch Euren Pflegehund, sämtliche Tierarztkosten (natürlich nach vorheriger Absprache mit dem Verein) werden komplett übernommen. Einzig das Futter solltet Ihr für Euren Schützling finanzieren.

Soviel zur trockenen Theorie – jetzt zu dem Wesentlichen, dem Wichtigen: Wieso macht man das? Wieso gibt man einem Hund ein Zuhause auf Zeit? Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: Ein Hund aus einer Pflegestelle hat wesentliche bessere Vermittlungschancen als ein Hund der direkt aus der schlechten Haltung oder dem Ausland vermittelt wird.

Das bedeutet, als Pflegefamilien helfen wir den Hunden und natürlich dadurch auch dem Verein die passende, die richtige Familie für den Hund zu finden. Warum? Auch hier ist die Antwort ganz leicht – wir können den Hund kennenlernen, beobachten, seine Vorlieben und eventuellen Ängste erkennen und Anhand dieser Info´s kann AuA dann die neue Familie aussuchen. So ist die Chance viel höher, dass es auf Anhieb für immer zwischen Hund und Familie passt.

Als Pflegestelle macht man prinzipiell all das, was man mit seinem eigenen Hund auch macht. Keine Sorge, man kann auch ohne einen eigenen Hund Pflegestelle werden, etwas Hundeerfahrung sollte man allerdings mitbringen. Ich appelliere hier wirklich an jeden, der mit dem Gedanken spielt Pflegestelle zu werden – macht es. Ihr helft AuA, nicht zuletzt aber eben jenen Hunden, die irgendwo in schlechten Umständen auf Rettung warten.

Ich bin von Herzen gerne Pflegestelle und Danke AuA für die allzeit unkomplizierte Betreuung.

 

Das Leben mit Pflegehunden ist niemals langweilig (Tatjana, Juli 2019)

Mein Tagesbeginn: wach werden, aufstehen. Der eine Hund springt sofort hoch, der andere benutzt das Bett als Hüpfburg und die Zwergpinscher krabbeln ganz langsam unter ihren Decken hervor. Durchs Treppenhaus rennen die Cocker mit Gebrüll, damit auch jeder mitkriegt „Hallo, neuer Tag, wir sind da“. Pointermädchen Tammy, unser neuer Pflegehund, geht auf der Treppe verloren, bestimmt ist da wieder irgendwo ein Monster, dass sie erschreckt hat, ich muss ihr helfen.

Ja, es ist wieder ein neuer Pflegehund bei uns eingezogen. Eine Pointerhündin, die nicht zur Jagd getaugt hat und in den Bergen Maltas ausgesetzt wurde. Tierschützer haben sie halb verhungert gefunden und irgendwie ist sie dann zu uns gekommen. Ich nehme gerne Angsthunde auf, denn meine eigenen Hunde haben die nötige Ruhe, um den Angsthunden den Weg ins Leben zu zeigen, sie haben die notwendige soziale Kompetenz. Werde ich gefragt, wie ich das mit den Pflegehunden mache antworte ich immer: „Ich mache das nicht, meine Hunde machen es“.

Die wirkliche Arbeit mit Pflegehunden – und Hunden überhaupt – liegt darin, sie immer wieder neu einschätzen zu können, Probleme umzulenken, denn kein Tag ist wie der andere. Aufmerksam muss ich sein, bin ich es nicht, entwickelt die Gruppe ihre eigene Dynamik. Ganz wichtig für Pflegehunde ist eine klare Struktur, klare Regeln, ein gutes Zeitmanagement und Nähe.

Ich versuche schon im Vorfeld, einen Neuankömmling auszusuchen. Ein Welpe in einer Gruppe alter Hunde macht keinen Sinn. Eine Hündin soll es sein, denn mein blinder und dementer Theo mag Rüden nicht sonderlich. Meine Hunde merken schon, wenn ein neuer „Pflegie“ einzieht: es tauchen neue Hundekörbe auf, Hundedecken, Näpfe. Leinen, Halsbänder und Geschirre werden rausgesucht, nochmal der Gartenzaun auf Schwachstellen angegangen. Dann: Kennenlernen im Garten. Alles läuft gut.

Es gibt Hunde, die haben noch nie Gras unter ihren Pfoten gespürt, Sonne auf dem Fell. Anderen ist das Haus vollkommen neu und unheimlich. Die einen entspannen nur im Zimmerkennel, die anderen unter einer Decke, wieder andere meiden das Zimmer, in dem wir alle uns aufhalten. Und dann gibt es wieder die, die hereinkommen, das alte Leben hinter sich lassen: „Hallo neues Leben, ich bin hier“. Das sind die Lebenskünstler, die aus allem das Beste machen.

Natürlich bedeutet das Leben mit einem Pflegehund auch mehr Arbeit. Nicht alles ist immer nur einfach. Ein Hund, der nie im Haus gelebt hat, kann nicht wissen, was Stubenreinheit bedeutet. Ein Hund, der in einem Stall gelebt hat, hat keine Ahnung, was Napf und Decke bedeuten, Treppen steigen oder glatte Böden – für viele völlig unbekannt. Sie kennen weder Halsband noch Leine. Das bedeutet Welpenerziehung mit einem erwachsenen Hund. Und es bedeutet, den schmalen Pfad zwischen Vertrauen aufbauen und Grenzen setzen zu finden. Diese Hunde brauchen keine Party, sie müssen nicht mit in die Stadt, noch nicht einmal mit zu den Spaziergängen. Ein langsames ankommen lassen mit Struktur ist wichtig und vor allem Sicherheit und Verständnis. Man muss sich frei machen von dem Gedanken, dass der Neuling dankbar sein muss. Nein, muss er nicht und kann er auch nicht. Denn dieser Hund hat erst einmal alles verloren, was er gekannt hat, mag es auch noch so schrecklich gewesen sein. Man muss sich selbst zurücknehmen und den Hund einfach akzeptieren.

In meiner Zeit als Pflegestelle habe ich die unterschiedlichsten Rassen kennen und lieben gelernt. Hunde, auf die ich sonst nicht zugegangen wäre. Bisher waren es 21 Hunde, alles unterschiedliche Charaktere. Das Leben mit Pflegehunden ist niemals langweilig. Und es ist auch nicht aufopferungsvoll. Mancher mag jetzt erstaunt, ungläubig, mitleidig schauen. Ich habe es mir selbst ausgesucht. 3 von meinen Hunden waren Pflegehunde und sind bei mir geblieben. Es hat gepasst. Und wer sie alle sieht, wer mit ihnen spazieren geht, mit ihnen die Natur genießt, ihre Liebe spürt, spürt, wie der eine oder andere seine Nase unter den Arm oder in die Hand schiebt, der wird es verstehen. Die Momente, in denen sie sich vertrauensvoll nähern oder einfach nur ein kurzes Anschubsen oder Augenkontakt – das ist es wert.